Dringend notwendig ist auch moralische Unterstützung. Einen Teil dazu können die Betroffenen auch selbst leisten. Zunächst einmal sollten negative Gefühle wie Wut, Trauer, Angst und Aggression ernst genommen werden. Bäuerinnen und Bauern sollten diese Gefühle nicht verdrängen, sondern sie bewusst wahrnehmen und aussprechen. Das kann in der Familie, im Kreis von Berufskollegen oder auch in sonstigen Gruppen sein. Ausgesprochene Gefühle sind weniger belastend. Ganz entscheidend ist, sich gegen Schuldzuweisungen von außen wie „von innen“ zu wehren. Denn die Landwirte sind in der BSE-Krise Opfer, und nicht Täter.
Die bäuerlichen Familien brauchen auch außerhalb der Familie Schutzräume, wo sie über ihre Situation offen und ehrlich diskutieren und sich gegenseitig stützen können. Hier sind Pfarrgemeinden, aber auch Ortsobmänner gefordert, entsprechende Möglichkeiten zu schaffen. Landwirte können sich dann zu Selbsthilfegruppen zusammenschließen, um sich emotional zu stabilisieren. Denkbar ist auch, dass sich Landwirte zu Solidargemeinschaften zusammenschließen, die sich auch wirtschaftlich aushelfen, etwa wenn ein Betrieb direkt von BSE betroffen ist.
Immer dann, wenn die Gesellschaft die Produkte der Landwirte wenig schätzt, ist es für Bäuerinnen und Bauern besonders wichtig, das Bewusstsein für die geleistete Arbeit und den eigenen Weg wach zu halten. Außerdem ist es hilfreich, Statuszwänge zu hinterfragen. Denn häufig hängt der Selbstwert ausschließlich am Betrieb oder am betrieblichen Erfolg. Wenn dann ein landwirtschaftliches Unternehmen – wenn auch unverschuldet – in seiner Existenz gefährdet ist, wird das auch als persönliche Katastrophe empfunden. Vorbeugen können Bäuerinnen und Bauern, wenn sie sich neben dem Betrieb weitere Identitätssäulen (Freundeskreis, Glauben) aufbauen.